tigersprungblog

Notizen, Gedanken, Meinungen zum Profiradsport

Ein Wikipedia-Artikel für das Harlem Skyscraper Cycling Classic

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Mit Amstel Curaçao Race war ich mittlerweile in Sachen Wikipedia auf den Geschmack gekommen und so ergab es sich, dass ich einen zweiten Artikel verfasste und zwar zum Harlem Skyscraper Cycling Classic in New York. Es war am 20. Juni 2010, als ich eines Abends zufällig auf einen Stream zu eben jenem Rundstreckenrennen stieß und mir einige Runden anschaute. Zu meiner Verwunderung befanden sich gerade die beiden deutschen Bahnfahrer Leif Lampater und Christian Grasman an der Spitze und dominierten das Rennen. Begeistert von der Spannung fing ich gleich an, das Renngeschehen mitzutwittern und freute mich riesig um den schlussendlichen Doppelsieg der beiden.

Die Konstellation der in einem Team startenden Lampater und Grasman bei einem kleinen amerikanischen Rennen weckte die Neugierde in mir und so fand ich bei meiner kleinen Recherche heraus, dass die Videospielschmiede Rockstar Games mehrere europäische Bahnfahrer, wie ebenfalls Franco Marvulli, eingeladen und unter ihrem Namen als eine Formation hatte starten lassen. Auch 2011 war Lampater wieder mit von der Partie und entschied die Gesamtwertung der verschiedenen Wettbewerbe für sich. Bei noch fast genau drei Monaten bis zur nächsten Austragung packte mich nun spontan die Lust, dem Event einen Wikipediaeintrag zu widmen. Wie schon beim Amstel Curaçao Race förderte die etwas tiefergehende Nachforschungsarbeit weitere interessante Details zu Tage und so war ich schließlich ganz in der Materie versunken. Heraus gekommen ist ein relativ ausführlicher Text, mit dem ich recht zufrieden bin. Problematisch gestaltete sich das Erstellen einer Siegerliste, denn die wechselnden Rennformate (offenbar abhängig von der Zugehörigkeit zur Kriteriumsmeisterschaftsserie) machten eine Vergleichbarkeit recht schwierig. Vielleicht bringt die Zukunft diesbezüglich mehr Klarheit und ich kann die Tabelle eindeutiger gestalten.

Der baskische Radsport am Scheideweg

Euskaltel-Euskadi

In Zeiten der Globalisierung des Radsports, der erfolgreichen Großprojekte à la Sky oder Katusha, erleben wir ganz nah in Europa, wie eine Institution des Profiradsports um seine Existenz kämpft. Die Region, aus der Teile der fanatischsten Fans kommen, die alljährlich die Anstiege der Pyrenäen bevölkern, ist dabei ihre Identität stückweise zu verlieren. Die Rede ist vom Baskenland, in dem zum Einen die wichtigsten beiden Rennveranstaltungen ums Überleben kämpfen und in dem zum Anderen die inoffizielle Nationalmannschaft Euskaltel das eigene Konzept, das sie zum Unikat im Profizirkus macht, auf den Prüfstand stellt. Es war bereits im letzten Oktober, als düstere Schatten über Radsportnation in Orange aufzogen, nachdem sich der Olympiasieger und Aushängeschild des Teams, Samuel Sanchez, besorgt über die Zukunft seines Arbeitsgebers über den Ende 2012 auslaufenden Sponsoringvertrag hinaus äußerte. Nun ist das Baskenland wirtschaftlich keine Boomregion in Europa, weshalb sich der Kreis der potentiellen Geldgeber ohnehin stark eingrenzt. Als logische Schlussfolgerung tauchen nun Äußerungen der Verantwortlichen auf, man müsse darüber nachdenken, sich internationalen Sponsoren und somit auch ausländischen Fahrern öffnen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und das benötigte Budget von neun Millionen Euro jährlich aufzubringen. All dies sind wirtschaftlich wirklich sinnvolle Überlegungen, dennoch wären die Folgen für das Selbstverständnis dieser so leidenschaftlichen Radsportnation kaum abzusehen. In der ersten Zeit würden die Identifikationsfiguren Samuel Sanchez und Igor Anton weiter die Basken begeistern, doch tritt diese Riege einmal ab, könnte es schwierig sein, diese Faszination aufrechtzuerhalten. Zugleich dürften es nämlich baskische Talente etwa aus dem Orbea-Farmteam deutlich schwerer haben, den Sprung in den internationalisierten und damit höherklassigen Kader zu schaffen. Der Ausrüster Orbea bewirbt Euskaltel-Euskadi selbstbewusst mit dem Slogan „Más que un equipo“. Auf Dauer würde sich ein solcher Rennstall ohne diesen speziellen Nimbus kaum halten und man wäre eben nicht weiterhin „mehr als eine Mannschaft“. Es ist den Verantwortlichen daher zu wünschen, dass sie wirtschaftlich vernünftige Entscheidungen in Einklang mit der Teamphilosophie treffen.

Mit der Existenz- und Philosophiekrise von Euskaltel ist es im baskischen Radsport derzeit in Sachen Negativschlagzeilen leider noch nicht getan, denn die beiden anderen Stützen mit der heimischen Baskenland-Rundfahrt und der Clasica San Sebastian wackeln aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten massiv. Schuld daran ist die Schuldenkrise in Spanien, welche die staatlichen Zuschüsse massiv in Frage stellt. Die dortigen Regionalregierungen beteiligen sich in allen Teilen des Landes seit vielen Jahren in hohem Maße an der Renn- und Mannschaftsfinanzierung im Sinne der Tourismusförderung. Ohne diese finanzielle Unterstützung werden es die beiden Events sehr schwer haben, weiter zu bestehen und würden sich nach der Euskal Bizikleta (letzte Austragung 2009) und der Subida a Urkiola (letzte Austragung 2010) in die traurige Liste der erloschenen Wettbewerbe einreihen. Natürlich würden weiterhin tausende von begeisterten baskischen Fans bei der Tour de France die Pyrenäen bevölkern und für tolle Stimmung sorgen, doch auf lange Sicht wäre der Verlust besonders der prestigeträchtigen Landesrundfahrt nur schwer zu verkraften. Die Leidenschaft, wie man sie etwa an der Mauer von Aia bei der Vuelta al Pais Vasco bewundern kann, ist einfach erhaltenswert:

Die Ungewissheit über den Fortbestand der beliebten Rennen bewegt neben den Fans auch viele Fahrer im Peloton, von denen einige via Twitter mit dem Hashtag #SaveTheBasqueRaces ihre Besorgnis über die Entwicklungen zum Ausdruck brachten:

Es bleibt die Hoffnung, dass der baskische Radsport diese Zeiten ohne größere Schäden übersteht und einen Weg aus der Krise findet.

Ein Wikipedia-Artikel für das Amstel Curaçao Race

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Ein jeder Radsportfan hat wohl so seine Lieblingsrennen neben den großen Events wie der Tour de France. Bei mir ist dies neben dem Giro del Trentino, der leider inzwischen nicht mehr existenten Niedersachsen-Rundfahrt das Amstel Curaçao Race in der Karibik, ein Einladungsrennen mit den erfolgreichsten Fahrern der Saison im November. Schon weit nach dem oft als Schlusspunkt angesehenen Japan-Cup bildet das Rennen einen schönen Abschluss mit dem ich emotional mit dem Radsportjahr abschließe. Nachdem ich mich interessenshalber mit den Resultaten der bisherigen zehn Austragungen seit 2002 beschäftigt hatte, kam mir die Idee, einen Wikipedia-Eintrag dazu zu verfassen. Ich bin absolut begeistert von den vielen Nachschlagewerken im Internet, von Cycling Quotient bis eben Wikipedia, weil sie eine nahezu unendliche Recherche ermöglichen. Im Gegensatz zur italienischen und niederländischen Wiki-Ausgabe existierte im deutschen Pendant bisher kein Eintrag zum Amstel Curaçao Race, was mich zu ändern mehr und mehr reizte. Vollkommen unbedarft in Sachen Wikipedia musste ich mir zunächst ein Benutzerkonto einrichten und mich mit der Formatierung beschäftigen. Da sich das letztlich einfach gestaltete, konnte ich inhaltlich noch ein paar Details rausfinden, die mir bisher nicht bekannt gewesen waren. So fand sich etwa eine schöne Dokumentation des belgischen Sportsenders Sporza zur zehnten Jubiläumsaustragung:

Für ein bißchen Verwirrung sorgten bei mir die jährlich wechselnden Sonderwertung und die scheinbar nur manchmal ausgetragenen Berg- und Einheimischenklassements. Hat man seinen Artikel zu Testzwecken im Benutzerraum verfasst, mit ausreichend Nachweisen ausgestattet und formatiert, muss man einen Eintrag finden, von welchem aus man auf das eigene Werk verlinken kann. Dies gestaltete sich relativ schwierig, schließlich sind die Palmarès der Fahrer nie mit den Kriteriumssiegen ausgestattet und auch die Hauptartikel über die Insel wiesen keinen eigenen Punkt „Sport“ auf. Als Neuling beschlich mich zu viel Unbehagen, derartige große Einträge wegen des Curacao Race zu verändern. Fündig wurde ich schließlich im Artikel über die Brauerei Amstel, der einen Satz über das Gold Race erhielt, welcher sich leicht um das Curacao Race erweitern ließ. Somit tauchte nun in roter Schrift der Name auf, der auf den noch nicht existenten Eintrag verwies. Hier brauchte ich nur noch meinen fertigen Artikel einspeisen und schon war es vollbracht: Das Amstel Curacao Race hatte einen Artikel in der deutschprachigen Wikipedia.

Richmond 2015 und andere Turbulenzen

Die Welttitelkämpfe eines jeden Jahres dienen neben der Suche nach neuen Trägern der Regenbogentrikots ebenfalls der Auswahl zukünftiger WM-Austragungsort. Nachdem ich im Februar einen Blick auf die interessante Vergabe für das Jahr 2015 geworfen hatte, sei an dieser Stelle dementsprechend die Auflösung der Frage betrachtet. Tatsächlich bekam mit Richmond in den USA diejenige Kandidatenstadt den Zuschlag, der ich es am wenigsten zugetraut hätte. Somit wird die speziell als Weltmeisterschaft der Globalisierungssprösslinge angelegte Wettbewerbswoche besonders die amerikanischen Radsportfans in Entzückung versetzen wird. Zu meiner Ehrenrettung sei erwähnt, dass Québec bereits im März zurückzog und das katarische Muscat unmittelbar vor dem Wahlgang die Segel strich. Über die Gründe war leider nichts zu lesen.

Nachdenklich stimmen jedoch derzeit andere Tendenzen im Profiradsport. Mit den Fusionen von Quick Step und Omega Phara so wie von RadioShack und Leopard-Trek und der Pleite der High Road-Gruppe verschwinden gleich drei große Rennställe und eine entsprechende Anzahl von Arbeitsplätzen. Nimmt man die abrupten Auflösungen bzw. das Nichtzustandekommen des Cervélo TestTeams und Pegasus Cycling im vergangenen Jahr hinzu, kommt man auf eine stattliche Anzahl gescheiterter Großprojekte. Offenbar zögern Großsponsoren massiv mit einem Einstieg, sei der sportliche Erfolg auch noch so enorm. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein, so scheiterte etwa der Einstieg von Belgacom beim Team Leopard angeblich daran, dass eine Fokussierung auf belgische Fahrer und Rennen fehlte. Bei Omega Pharma und Lotto waren es unterschiedliche Vorstellungen über die Ausrichtung der Fahrerstruktur und bei Pegasus hatte man anscheinend Geldgeber eingeplant, deren Entscheidungsfindung noch nicht abgeschlossen war. Mit GreenEdge startet 2012 das nächste australische Großprojekt, diesmal hoffentlich mit mehr Erfolg. So oder so ist man in diesen Zeiten umso mehr dankbar für vielleicht weniger spektakulär ausgelegte, aber dafür solide Mannschaften wie Cofidis, Lampre, Euskaltel und Liquigas. Es beweist sich ein Mal mehr, ein behutsamer Aufbaus über eine längere Zeit, wie beim Slipstream-Rennstall von Jonathan Vaughters, am Ende die größten Früchte trägt und das über mehre Jahre.

Ein melancholischer Besuch bei der Niedersachsen-Rundfahrt der Junioren

Es ist nunmehr vier Jahre her, dass ich am Meller Berg das Fahrerfeld der Niedersachsenrundfahrt 2006 erwartete und bewusst das erste Mal einem internationalen Radrennen beiwohnte, nachdem ich kurz zuvor über den dort startenden Weltstar Alessandro Petacchi gelesen hatte. Es waren die Zeiten des noch italienisch angehauchten Teams Milram, das zu jener Zeit der dritte große deutsche Rennstall war, und der glorreichen Spurt-Doppelspitze Zabel/Petacchi unter Gianlugi Stanga. Radsport-Deutschland war ein anderes und neben den Topmannschaften sorgten Rennställe wie das Team Wiesenhof von Jens Heppner für Farbtupfer im Peloton. Ein Jahr später fand die vorerst letzte Austragung der kleine deutschen Rundfahrt für die Profis statt, sodass über vier Jahre und unzählige Dopingskandale später ist die Niedersachen-Rundfahrt nach den schrittweisen Rückzügen der Sponsoren verschwunden und Deutschland seit einem Jahr ohne Weltklasseteam ist. Ganz verschwunden? Nein, nicht ganz. Wenngleich das Aushängeschild mit dem Mehrtagesrennen für die Profis verschwand, hielt sich die Austragung der Niedersachsen-Rundfahrt für die Junioren tapfer und bietet, lokal auf das Gebiet um den zu Profi-Zeiten häufig als Etappenziel frequentierten Ort Wallenhorst nahe Osnabrück beschränkt, jährlich ein wichtiges internationales Event für die Hoffnungsträger von Norwegen über Deutschland und Luxemburg bis Frankreich. An diesem letzten Juli-Wochenende wollte ich mich erstmals diesem Nachwuchswettbewerb widmen und fasste den Samstag mit zwei aus einem Zeitfahren am Vormittag und einem Teilstück am Nachmittag bestehenden Halbetappen zur Mitte des dreitägigen Events ins Auge. Trotz einiger verkehrstechnischer Schwierigkeiten fanden wir die Start- und Zielpunkt der Zeitfahrprüfung, wo wir ein bißchen von der Atmosphäre schnupperten und die Schlussphase samt dem Sieg des niedersächsischen Lokalmatadoren Jan Brockhoff verfolgten.

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Multimediale Einstimmung auf die Große Schleife

Mit dem immer näher rückenden Start der diesjährigen Tour de France steigt die Nervosität angesichts des anstehenden Großereignis immer weiter. Obgleich Dopingschlagzeilen oder wie in diesem Jahr die unselige Hängepartie der internationalen Sportgerichtsbarkeit in Sachen Alberto Contador teile der Berichterstattung bestimmen, entwickelt die meistbeachtete Rundfahrt der Welt immer eine gewisse kindliche Vorfreude bei mir. Die Faszination Tour de France übt ihre ganz eigene Anziehungskraft aus und findet in manchen filmischen Erzeugnissen ihren Ausdruck. Einiger solcher Videos ganz unterschiedler Art seien hier einmal aufgeführt.

Die Dokumentationsreihe „100% immersion“ des französischen Senders „Direct8“ warf im vergangenen Jahr in Person von Cécile de Ménibus einen Blick hinter die Kulisse des größten jährlich stattfindenden Sportereignis der Welt. Aus dem Jury-Fahrzeug, von der Werbekarawane aus, im Gespräch mit den Podiums-Hostessen, beim Frühstück mit der Cofidis-Mannschaft, im Übertragungswagen der produzierenden Sendeanstalt, im Gespräch mit dem renommierten Fotographen Tim De Waele und dem immer noch mit einer Schreibmaschine arbeitenden italienischen Journalisten Gianni Mura gelingt ihr ein informatives Stück über das Geschehen im Hintergrund des Events und die Arbeitsvorgänge in der Tour-Entourage.

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Der slowenische Autohersteller ist im internationalen (Profi-)Radsport als Sponsor, Ausrüster und Partner nahezu omnipräsent, so auch bei der Tour de France, bei welcher man die Jury-Fahrzeuge und zahlreiche Teamautos bereitstellt. Dementsprechend wichtig ist die Frankreichrundfahrt als Werbeplattform, weshalb man jährlich mit gut gemachten Werbevideos glänzt. Das Kurzvideo, in dem die Anforderung an das Material und Fahrer aus der Perspektive aus dem Wagen heraus dargestellt werden, transportiert die Dynamik der Frankreichrundfahrt in großartiger Art und Weise. Derart stimmungsvoll ist das Video eine wahrlich gelungene Einstimmung auf die Große Schleife.
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Der Kurzfilm „Yellow Jersey“ ist kein professionelles Machwerk von einigen indischen Autoren, das ich persönlich allerdings als sehr berührend empfand. Ein kleiner Junge, der im Fernsehen zur Zeit der Armstrong-Ära die Faszination Tour de France und die Anziehungskraft des Gelben Trikots erlebt und daraufhin mit seinem Kinderfahrrad seinen Idolen weit fernab Europas auf den staubigen Straßen Indiens nacheifert, transportiert das, was die Tour de France auch ist: Inspiration für Radsportler auf der ganzen Welt.

Ein ostwestfälisches Rennwochenende, Teil 3: Rund in Bünde

Gemäß der Planung für das Pfingstwochenende sollte „Rund in Bünde“ den Abschluss der drei Renntage machen und so begab ich mich am Sonntag Mittag noch etwas mitgenommen von den zwei Abendrennen in Gütersloh und Steinhagen zum Erich Gutenberg-Berufskolleg, wo der Start- und Zielpunkt der 2,2 Kilometer langen Runde gelegen war. Rechtzeitig angekommen bot sich, während die Nachwuchsrennen noch liefen, die Möglichkeit sich mit Bratwurst und Pommes zu stärken und mit einem Pils auszustatten, bevor ich mich im Ziellinienbereich positionierte. Das Startfeld des Elite-Rennens bot zwar keine internationale Mannschaften wie etwa Glud & Marstrand auf, nichtsdestotrotz waren hochmotivierte Vereinsmannschaften nach Bünde gekommen. Um Viertel nach Zwei erfolgte dann das Startsignal zum aus insgesamt 30 bestehenden und damit auf eine Gesamtlänge von 66 Kilometern ausgelegten Rennen.

Die Anfangsphase gestaltete sich einige Runden lang offen, da sich kein Fahrer entscheidend lösen konnte. Lediglich Julius Mundt vom heimischen RC Olympia Bünde hielt sich mit hohem Kraftaufwand eine Schleife lang knapp vor dem Feld, wurde dann allerdings geschluckt. An der Spitze zeigte sich immer wieder Sprintax Bielefeld mit einigen Fahrern und versuchte das Rennen zu kontrollieren. Mit Jan Martin Maas schickte man sogar zwischenzeitlich einen Fahrer mit in die Attacke, jedoch erfolglos. Dieses Konzept ging allerdings nur im ersten Renndrittel auf, denn mit der Absolvierung der zehnten Runde dem Ausfahren der ersten Prämie lösten sich mit Heiner Klemme vom TuS Schwarz-Weiss Enzen und Sven Kuschka vom Team BMC-action line zwei Fahrer, denen zunächst nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, was sich als folgenschwer herausstellen sollte.

Fortwährend bauten Klemme und Kuschka ihren Vorsprung weiter aus und gingen mit einem beinahe vorentscheidenden Guthaben auf die letzten zehn Runden. Im Feld hatte man derweil keine konsequente Verfolgung organisieren können und stattdessen mit Einzelattacken versucht, nach vorne zu springen und die Niederlage abzuwenden. Bald musste man allerdings erkennen, dass dies gescheitert war. Derweil behielt das Spitzenduo seine Einigkeiten und wechselte sich regelmäßig in der Führungsarbeit ab, wenngleich sich die fortschreitende Distanz auf dem nicht allzu leichten Kurs bemerkbar machte.

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Am Ende entschieden die restlichen Reserven im nochmals alles abfordernden Endspurt über den Sieg, welchen Heiner Klemme mit einem langen Spurt von der Spitzenposition aus für sich verbuchen konnte. Der sichtlich erschöpfte Sven Kuschka musste sich knapp geschlagen geben, konnte aber zurecht stolz auf die beeindruckende Flucht sein. Das zwischenzeitlich in Resignation verfallende Feld sprintete mit deutlichem Rückstand um den schließlich an Marten Meschkat von der RSG Harsewinkel vergebenen dritten Platz.

Ein ostwestfälisches Rennwochenende, Teil 2: Das Rennen in Steinhagen

Unter den schönen Eindrücken vom Vorabend beim Gütersloher Nachtrennen beschlossen wir, auch den ebenfalls vom RSV Gütersloh ausgerichteten und dieses Jahr zum achten Mal ausgetragenen Wettkampf in Steinhagen am nächsten Tag zu besuchen. Die Anreise und Parkplatzsuche verlief ähnlich komplikationslos wie schon am Tag zuvor, sodass wir am frühen Abend den 1,3 Kilometer langen und am Rathaus gelegenen Kurs in Augenschein nahmen. Während wir so auf das Rennen der KT-, A-, B-Klasse, das mit einer Startzeit um 19 Uhr etwas früher seinen Anfang nehmen sollte als die Gütersloher „City-Nacht“, warteten, sorgte das Rennen der Lokalprominenz als eines in der Reihe von vielen seit der Eröffnung durch den ebenfalls teilnehmende Bürgermeister am Nachmittag durchgeführten Konkurrenzen für einige Erheiterung. Im Anschluss an diese gelungene humoristische Einalge waren die Footbikeracer hinter den Derny-Maschinen an der Reihe ihre Konkurrenz auszutragen.

Ausgetragen als Kriterium, beinhaltete der Wettkampf-Modus des nun folgenden Elite-Rennens eine Punkteprämie alle zehn Runden so wie eine entsprechende Zählervergabe am Ende der finalen Schleife. Die beiden zuvor ausgetragenen Rennen gingen mit einer geringfügigen Verspätung einher, sodass das über 50 Runden ausgeschriebene Elite-Rennen mit über 100 Startern etwas verzögert um kurz vor halb Acht begann.

Das Starterfeld der achten Austragung des Events umfasste zu großen Teilen die Fahrer, welche am Vorabend bereits in Gütersloh teilgenommen hatten, darunter auch die dänische Mannschaft Glud & Marstrand mit dem Vortagessieger Kapser Jebjerg. Das skandinavische Continentalteam sollte sogleich auch eine prägende Rolle im Rennverlauf übernehmen, denn nach den ersten Runden deren hohen Tempo und Nervosität eine Gruppenbildung verhinderte, löste sich ein Duo bestehend aus dem Tschechen Adam Stachowiak und dem Glud & Marstrand-Profi Matthias Berling.

Eine vorentscheidene Gruppenbildung bedeutete dies jedoch nicht. Sehr aufmerksam und stets im Bilde zeigte sich über längere Distanz vor allem Niklas Droste vom RV Gießen Kleinlinden, der nicht nur die erste Prämie nach zehn Runden, sondern ebenfalls die dritte für sich entschied und daher mit zehn Punkten in die Schlussphase ging. Unterdessen versuchte sich die Glud & Marstrand-Mannschaft in weiteren Fluchtversuchen, nun vermehrt vorgetragen vom Gütersloh-Triumphator Kapser Jebjerg.

Zu diesem Zeitpunkt noch kontrolliert aber sehr wachsam fahrend, betätigte sich Dennis Klemme vom SC Wiedenbrück 2000 als fleißiger Punktesammler und sicherte sich an der Prämie drei und vier als Mitglied einer etwas größeren ersten Gruppe, welche sich etwas vom Feld gelöst hatte, jeweils zwei Zähler. In der während der Endphase geschlossenen Gruppe übernahm daher sein SC Wiedenbrück 2000 das Heft das Handelns in die Hand und arbeitete auf einen Spurt um die Zielprämie hin. Vor Kasper Jebjerg gelang Klemme tatsächlich der Coup des Gewinns des abschließenden Sprints und erhöhte somit sein Konto auf 14 Punkte, wodurch er an Jan-Niklas Droste vorbei zog, der am Ende nicht mehr unter die Punkteränge kam und mit Rang zwei vorlieb nehmen musste. Für Klemme war es nach dem Sieg beim Steinfurter Abendrennen eine Woche zuvor der zweite Erfolg der Saison. Komplettiert wurde das Podest des Abends von Jiri Nesveda, der den dritten Platz vor den punktgleichen Jebjerg, Polus und Schäfermeier okkupierte.

Nach dem Zieleinlauf der Elitefahrer verließen wir wie am Vorabend die Szenerie und verzichteten auf das abschließende Dernyrennen. Die zweite Veranstaltung des Wochenendes hatte sich ebenso gelohnt wie der Auftakt in Gütersloh und wurde mit einem schönen Glas Wein ausklingen gelassen.

Ein ostwestfälisches Rennwochenende, Teil 1: Das Abendrennen von Gütersloh

Beim Besuch des ersten Mai-Rennens in Herford hatte der Streckensprecher drei Rennen in der Region am Pfingstwochenende beworben und zwar eines am Freitag in Gütersloh, am Samstag in Steinhagen und am Sonntag in Bünde. Damals noch beinahe ferne Zukunftsmusik, stieg mit dem näher rückenden Datum die Lust, die Rennen vielleicht vor Ort zu verfolgen. Vor allem die „Volksbank City-Nacht“ in Gütersloh war mit der Charakteristik eines Abendrennens in der Innenstadt wahrlich verlockend und schnell als definitives Ziel auserkoren. Um das Rundstreckenrennen der KT- bzw. Eliteklasse verfolgen zu können, machten wir uns dementsprechend am frühen Freitag Abend auf ins durch Kirmis und Weinfest gut besuchte Gütersloh, wo wir trotz fehlenden Streckenplan bald auf den Kurs trafen. Dank eines guten Parkplatzes erreichten wir schnell die abgesperrte Strecke und kundschafteten die ein Kilometer lange Runde etwas aus. Nachdem wir den Start- und Zielpunkt erfolgreich lokalisiert hatten, suchten wir die kurz zuvor entdeckte Gaststätte „Fasan“ auf, welche mit einer leicht erhöhten Terrasse direkt an der Strasse einen guten Blick auf die sich aufwärmenden Trittradfahrer- und Rennradfahrer bot.

Gestärkt mit Tapas und einem schönen Weizen begab ich mich in die Zuschauerreihe in der Kurve hinter dem Ziel, von der aus die lange Gerade am besagten Start- und Zielpunkt so wie die Straße nach der Kurve entlang des „Fasan“ gut einsehbar war und sich somit für Fotos und Videos eignete. Praktischerweise befand sich dort außerdem ein Stand der „Neuen Westfälischen“, die neben Rasseln auch die Sonderbeilage zum Rennen verteilte, wodurch ich doch noch an eine Startliste kam, nachdem sich im Internet keine gefunden hatte. Schnell fiel mein Auge auf die eingetragene dänische Glud & Marstrand-Mannschaft, über deren Start ich zuvor schon in einem Vorbericht gelesen hatte und die ich nach dem GP Herning schon zum zweiten Mal in diesem Jahr sah. In der Stadt hatte sich derweil bereits während des Footbike-Rennens bei leichtem Abendrot und großem Publikum eine tolle Stimmung verbreitet. Mit einer kleinen Verspätung erfolgte schließlich um kurz vor Halb Neun der Startschuss zum 60 Runden à 1 Kilometer langen Rennen der KT-, A-, B-Klasse und offenbarte mit einem frühen Sturz schnell die Gefährlichkeit des Rennens.

Wie die Hektik zu Beginn bereits vermuten ließ, bestimmte Nervösität und ein hohes Tempo den Rennverlauf über das erste Renndrittel hinweg. Alle Ausreißversuche, wie etwa der vom RSV Gütersloh-Lokalmatador Felix Reinken, blieben ohne Erfolg und kleinere Lücken wurden umgehend geschlossen.

Eine weitere Entfaltung des Rennens wurde jäh unterbrochen, da ein Sturz im von mir aus nicht einsehbaren Teil des Kurses einen Krankenwageneinsatz nötig machte, was eine Neutralisierung des Rennens bedeutete. Wenngleich über den Streckensprecher baldige Entwarnung gegeben werden konnte, sorgte die Situation nach den Ereignissen beim Giro d’Italia bei mir kurzzeitig für Unbehagen. Als sich das Geschehen wieder etwas sortiert und sich die Fahrer wieder am Ziel eingefunden hatte, erfolgte der zweite Startschuss zum auf 20 Runden verkürzten Wettkampf.

Offenbar unter dem Eindruck des schweren Sturzes gestaltete sich die Anfangsphase diesmal gemächlicher. Mit fortschreitender Distanz schraubte sich dann das Tempo stückweise in die Höhe und die Mannschaften versuchten angesichts der nur noch geringen Möglichkeiten für einen Fluchtversuch ihre endschnellen Fahrer in Position zu bringen. Abwechselnd zeigten sich Fahrer an der Spitze der geschlossenen Gruppe und bereiteten den Boden für einen Zielsprint. Eingangs der letzten Runde ergriff schließlich Glud & Marstrand die Initiative und schuf die Basis für einen Sprint, der von Kasper Jebjerg schließlich mit dem Sieg bei der 33. Austragung des Abendrennens vollendet wurde. Den zweiten Platz ersprintete Falk Sebastian Hepprich für sein Regio Team SF vor Dennis Klemme vom SC Wiedenbrück 2000. Dahinter gelang Felix Schäfermeister als Mitglied des heimischen RSV ein respektabler vierter Rang.

Auf ein weiteres Footbikerennen und den abschließenden Derny-Wettbewerb verzichtend, begaben wir uns nach dem Zieleinlauf auf den Heimweg. Die schöne Streckenführung samt guter Organsiation durch den RSV Gütersloh so wie die tolle Atmosphäre hatte den Abend wirklich rundum gelungen werden lassen und die Erwartungen rundum erfüllt.

Zum ersten Mal am ersten Mai in Herford

Mit den Deutschen Meisterschaften 2008 und dem Silvestercross 2010 hatte ich bisher zwei vom RC Endspurt Herford ausgerichtete Events besucht, jedoch bisher nie das traditionelle Straßenrennen am ersten Mai. Dies sollte sich nun endlich zum Anlass der 60. Austragung des Rennens ändern, auch wenn so das Verfolgen des parallel ausgetragenen Radklassikers in Frankfurt nur etwas eingeschränkt erfolgen konnte. So ging es am Sonntag um 14 Uhr nach dem Mittagessen und dem schauen der Anfangsphase aus Frankfurt im Livestream bei Sonnenschein und blauem Himmel auf den Weg nach Herford. Dort am MARTa-Museum angesiedelten Rundkurs angekommen und über die guten Parkmöglichkeiten direkt am Kurs überrascht, bot sich aufgrund der überschaubaren aber dennoch sehr respektablen Zuschauerzahlen eine Position einige Meter hinter der Ziellinie an, von wo aus wir das Kinder- bzw. Hobbyrennen verfolgten:

Nach der Beendigung des kurzen Rennens, welches nach den Rennen der Jugend U17 männlich (Sieger: Pepijn Ter Bekke) / weiblich (Siegerin: Johanna Müller), Schüler U13 (Sieger: Julian Rottmann), Schüler U15 männlich (Sieger: Dorian Lübbers)/weiblich (Siegerin: Lina Rausch), Junioren U19 (Sieger: Steven Lammertink),Senioren 2 (Sieger: Bernd Brune) und Senioren 3-4 (Sieger: Jürgen Hopp) den letzten Wettkampf vor Beginn des Hauptrennens darstellte, dauerte es nur noch 20 Minuten bis die Fahrer der A-/B-/C- und Kontinentalklasse Aufstellung nahmen:

Mit einem kleinen Zeitvorsprung bedacht, machten um halb Vier die Fahrer der C-Klasse den Anfang und begaben sich auf die 1,4 Kilometer lange Strecke, die insgesamt 50 Mal absolviert werden sollte, womit eine Gesamtdistanz von 70 Kilometern zu Buche stehen würde. Schnell wurde klar, dass sich die C-Fahrer nicht lange vorne würden halten können, denn im großen Hauptfeld war vor allem der SC Wiedenbrück 2000 um den Vorjahressieger Dennis Klemme massiv um das Tempo bemüht. Auch ein kleiner Ausreißversuch von Maximilian Hess vom Team Bergstrasse änderte nichts an dem Schicksal der ersten großen Gruppe, deren Vorsprung bald aufgebraucht war. Mittlerweile geschlossen unterwegs, nahm Dennis Klemme den Tag der Arbeit als Motto und bemühte sich weiterhin höchst persönlich um das Tempo und schien mit einer Positionierung in der Spitze der Gruppe stets Herr der Lage. Im entscheidenden Moment des Rennens noch bevor die 20. Runde gefahren worden war, verpasste Klemme allerdings den Zug, als Felix Reinken vom RSV Gütersloh, Hendrik Werner von Zugvogel Aachen und Sebastian Hannöver vom RSG Lohne-Vechta ein Trio initiierten, das schnell einige Meter zwischen sich und die Verfolger legte. Zwar bekam Klemme in der Verfolgung Hilfe von zwei Fahrern des EGN-Teams, doch die Einigkeit war begrenzt, während die Spitzenreiter perfekt harmonierten. Bedingt durch das hohe Tempo geriet ich mit meinen Fotokünste an die Grenzen, sodass mir nur ein paar vorzeigbare Bilder gelangen:
Mit fortschreitender Renndauer und immer größer werdenden Abstand machte sich Resignation in der ersten großen Verfolgergruppe, die sich inzwischen von einem zweiten Feld gelöst hatte, breit. Indes ließen sich Hannöver, Werner und Reinken in ihrem Vorhaben nicht beirren und konnten sogar einen Rundengewinn für sich verbuchen, indem man zur zweiten großen Gruppe aufschloss. Mit dieser Vorentscheidung war endgültig eine Vorentscheidung gefallen, sodass es für die Gruppe um Dennis Klemme nur noch um die Platzierungen hinter dem Podest ging. Um eine übersichtliche Rennentscheidung zu gewährleisten, wurden alle Fahrer bis auf die drei Ausreißer vier Runden vor Schluss aus dem Rennen genommen. Mit einem letzten Vorstoß hatten sich zuvor Björn Rüter vom RSV Gütersloh und Henrik Albinus vom SC Wiedenbrück 2000 abgesetzt und die Plätze drei und vier okkupiert. Nun alleine auf dem Rennkurs befindlich, kämpften nun Felix Reinken, Sebastian Hannöver und Hendrik Werner um den begehrten Sieg, welcher letztlich im Spurt ausgefochten wurde:

Für die Zugvögel aus Aachen flog Hendrik Werner in einem engen Sprint nach 1 Stunde und 35 Minuten zum Sieg beim Herforder Radklassiker, Sebastian Hannöver und Felix Reinken unterlagen und hatten sich mit damit zu trösten, eine Platzierung auf dem Podest erreicht und das Renngeschen maßgeblich mitbestimmt zu haben. Dem Titelverteidiger Dennis Klemme blieb schlussendlich hinter dem Sieger von Köln-Schuld-Frechen 2009, Tim Klessa (Team EGN), nur der siebte Platz. Ralf Schöllhammer vom VC Vegesack, Marius Prünte vom RSV Unna und Christoph Kronenberg vom Team Champion System-X Seven komplettierten die Top10 des Tages. Bei der Siegerehrung wurden wenige Minuten später die drei überragenden Fahrer des Tages, allen voran Sieger Hendrik Werner, vor dem MARTa als Hintergrund gebührend geehrt:

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Kurz darauf ging es wieder nach Hause, um bei einem schönen Glas Wein nicht nur den von mir für Christophers Portal „Radsport in NRW“ in einem Bericht in Worte gefassten Tag in Herford und Revue passieren zu lassen, sondern auch genauer den nur flüchtig via Handy registrierten Sieg von John Degenkolb in Frankfurt zu würdigen. Der erste Besuch des Herforder Mai-Rennens war am Ende rundum gelungen und wird hoffentlich eine Wiederholung nach sich ziehen.