Es ist nunmehr vier Jahre her, dass ich am Meller Berg das Fahrerfeld der Niedersachsenrundfahrt 2006 erwartete und bewusst das erste Mal einem internationalen Radrennen beiwohnte, nachdem ich kurz zuvor über den dort startenden Weltstar Alessandro Petacchi gelesen hatte. Es waren die Zeiten des noch italienisch angehauchten Teams Milram, das zu jener Zeit der dritte große deutsche Rennstall war, und der glorreichen Spurt-Doppelspitze Zabel/Petacchi unter Gianlugi Stanga. Radsport-Deutschland war ein anderes und neben den Topmannschaften sorgten Rennställe wie das Team Wiesenhof von Jens Heppner für Farbtupfer im Peloton. Ein Jahr später fand die vorerst letzte Austragung der kleine deutschen Rundfahrt für die Profis statt, sodass über vier Jahre und unzählige Dopingskandale später ist die Niedersachen-Rundfahrt nach den schrittweisen Rückzügen der Sponsoren verschwunden und Deutschland seit einem Jahr ohne Weltklasseteam ist. Ganz verschwunden? Nein, nicht ganz. Wenngleich das Aushängeschild mit dem Mehrtagesrennen für die Profis verschwand, hielt sich die Austragung der Niedersachsen-Rundfahrt für die Junioren tapfer und bietet, lokal auf das Gebiet um den zu Profi-Zeiten häufig als Etappenziel frequentierten Ort Wallenhorst nahe Osnabrück beschränkt, jährlich ein wichtiges internationales Event für die Hoffnungsträger von Norwegen über Deutschland und Luxemburg bis Frankreich. An diesem letzten Juli-Wochenende wollte ich mich erstmals diesem Nachwuchswettbewerb widmen und fasste den Samstag mit zwei aus einem Zeitfahren am Vormittag und einem Teilstück am Nachmittag bestehenden Halbetappen zur Mitte des dreitägigen Events ins Auge. Trotz einiger verkehrstechnischer Schwierigkeiten fanden wir die Start- und Zielpunkt der Zeitfahrprüfung, wo wir ein bißchen von der Atmosphäre schnupperten und die Schlussphase samt dem Sieg des niedersächsischen Lokalmatadoren Jan Brockhoff verfolgten.
Bereits bei diesem kurzen Intermezzo an der Strecke wurde die Internationalität des Wettbewerbs rasch deutlich, nicht zuletzt wegen der startenden Nationalmannschaften. Da die Siegerehrung für den Kampf gegen die Uhr am Nachmittag vor dem Start der zweiten Halbetappe im Zentrum von Wallenhorst stattfinden sollte, verließen wir bald das Geschehen, um uns in besagter Innenstadt einen guten Parkplatz und eine Einkehrmöglichkeit zu suchen. Nach einer herzhaften Stärkung und einem kleinen Rundgang wurde die restliche Wartezeit im Auto neben einer niederländischen Familie verbracht, deren Sprösslinge sich vor dem zweiten Rennen des Tages ausruhten und ihr Material in Ordnung brachten. Eine Dreiviertelstunde vor dem Start wurde es dann in der beschaulichen Seitenstraße hektisch, denn mehrere Teamwagen, unter anderem der Kleinbus des Landesverbandes Niedersachsen, hatten ebenfalls den Parkplatz wo wie den des Rathauses nebenan entdeckt. Gemeinsam mit den Fahrern begaben wir uns schließlich pünktlich zur Siegerehrung in den Start- und Zielbereich, wo wir noch 20 Minuten warteten, ehe der Startschuss fiel. Von Beginn an war das Tempo im Fahrerfeld hoch und keiner der Teillnehmer konnte sich entscheidend absetzen. Nach den ersten Zieldurchfahrten wurde eine kleine Stärkung in der Eisdiele mit dem Wetter angemessenen Baileys Latte nötig, bevor die Finalphase begann. An der Strecke beehrte übrigens Erik Zabel aufgrund der Teilnahme seines Sohnes Rik das Rennen mit seiner Anwesenheit und sah am Ende einen Sprint eines geschlossenen Feldes, aus dem der Niederländer Maarten van Trijp nach guter Vorarbeit seines belgischen Team Avia Cycling im Verlauf der gesamten Etappe und der unmittelbaren Spurtvorbereitung als Sieger hervorging.
Um kurz vor halb Sieben ging es unmittelbar nach Rennende auf den Heimweg, der ungeachtet einer kleinen technischen Unwägbarkeit deutlich schneller verlief, als die Anfahrt. Am Ende eines schönen Renntages blieb bei aller mitschwingender Melancholie schließlich die Freude über die unemüdliche Arbeit des Ausrichtervereins, die Niedersachen-Rundfahrt zu erhalten, schmerzt der Velust des Profiwettbewerbs auch noch so sehr.