Raumschiff UCI

Die Saison 2011 ist seit diesem Wochenende auf nun fast allen Kontinenten, also auch Europa, voll im Gange. Bis zum gestrigen Tage hatte es den Anschein, als könne das kommende Jahr mal ganz frei von Konflikten zwischen Weltverband und den Rennveranstaltern von Statten gehen, schließlich scheinen mittlerweile alle Rahmenbedingungen der WorldTour geregelt. In Aigle schien der UCI diese Ruhe jedoch ganz besonders zu missfallen und so rieb man sich etwas verwundert die Augen, als eine Pressemitteilung der höchsten Institution des Radsports die Runde machte, nach der auf Basis der Continental-Rankings der letzten beiden Jahre eine Liste von Conti-Teams genannt wurde, welche die Teams umfasst, die von den Veranstaltern zwingend für ihre Rennen eingeladen werden müssen. Während dies in Europa nur die Wettkämpfe der Kategorie 1.1 und 2.2 betrifft, sind auf allen anderen Kontinenten auch die HC-Events betroffen. Prinzipiell ist ein solches Qualifizierungssystem über die ContinentalCircuits der richtige Weg, doch auf den zweiten Blick entpuppt sich diese Maßnahme als wirklichkeitsfern und umständlich. Ein Blick auf die nun fest qualifizierten Mannschaften verdeutlicht dieses recht schnell:

EuropeTour
1. Rabobank Continental
2. Roubaix Lille Metropole
3. D’angelo & Antenucci – Nippo
AfricaTour
1. MTN Qhubeka
2. Team Bonitas
AmericaTour
1. Movistar Team
2. Gobernacion De Antioquia-Indeportes Antiquia
3. EPM-UNE
AsiaTour
1. Tabriz Petrochemical
2. Azad University
3. Giant Kenda
OceaniaTour
1. Pureblack Racing
2. Genesys Wealth Advisers
3. Drapac

Als Konsequenz ergibt sich beispielsweise daraus, dass die Tour of California drei Südamerikanische Teams einladen muss und so andere nordamerikanische Mannschaften in die Röhre schauen werden und das selbst wenn sich Professional Continental-Status besitzen. Zwar wird so die sportliche Klasse eines Teams honoriert, dennoch sollte man vorher die unterschiedlichen Voraussetzungen auf großen Kontinenten beachten, schließlich finden in Südamerika zahlreiche lange Rundfahrten statt, bei denen die regionalen Formationen viele Punkte sammeln können. Entsprechend verwundert war man deshalb beim Veranstalter der Tour of California, die zu allem Überfluss weder vom nationalen noch vom Weltverband im Voraus informiert wurden. Stutzig machte dabei auch die Nennung des Movistar Nachwuchsteams in dieser Liste, schließlich ist diese Mannschaft erst seit 2011 existent. Grund dafür ist, dass die Punkte der Fahrer zählen, auch wenn sie im Vorjahr garnicht Angehörige des entsprechenden Rennstalls waren. Alles in allem hat die Maßnahme der UCI den Charakter eines unüberlegten Schnellschusses, der die Veranstalter in ihrer Einladungspolitik teilweise in absurder Art und Weise einschränkt und die kleinen Mannschaften eventuell ihrer regionalen Highlights beraubt. Vor allem aber kommt diese Richtlinie viel zu spät. Hätte man sich ein Jahr vorher zur Bekanntmachung dieses Plans entschlossen, hätte man die Meinungen aller beteiligten Parteien dazu anhören und Änderungen vornehmen können. So war es den Teams unmöglich ihr Rennprogramm so zu gestalten, um genügend Zähler für ihre Saisonhöhepunkte 2011 zu ergattern, schließlich konnte niemand erahnen, dass beispielsweise das nordamerikanische Team Kelly Benefit Strategies mehr Augenmerk auf die südamerikanischen Wettkämpfe hätten legen müssen, um sicher für die Tour of California und die Quiznos Challenge gesetzt zu sein. Nun müssen Veranstalter und Teams das Beste aus dieser unnötigen Situation machen und ihren Sponsoren erklären müssen, warum das eine oder andere Rennen ohne sie stattfindet. Ein bißchen mehr Realitätsbezug könnte den raumschiffgleich über allem schwebenden Funktionären bei der UCI wahrlich nicht schaden.